Henriette Bender vor dem künftigen Schulgebäude.Henriette Bender vor dem künftigen Schulgebäude.

Der Greizer Ortsteil Obergrochlitz wird eine evangelische Grundschule in freier Trägerschaft unter dem Dach der Diakonie erhalten. „Auf Wunsch zahlreicher Eltern ist diese inklusive und barrierefreie Einrichtung mit Ganztagsunterricht am Standort Carolinenfeld in Gründung, die bereits ab dem Schuljahr 2025/2026 besucht werden kann. Der evangelische Kirchenkreis Greiz und die Landeskirche unterstützen dieses Vorhaben. Wir können in diesem Jahr bis zu 20 Schüler in einer 1. Klasse aufnehmen, davon auch einzelne Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und freuen uns schon über erste Interessenten und Anmeldungen,“ erklärte Henriette Bender, Vorständin des Diakonieverein Carolinenfeld e.V.. Vorausgesetzt wird die Annahme und Unterstützung des evangelischen Bekenntnisprofils seitens der Eltern. Der humanistische Bildungsansatz mit der Vermittlung christlicher Werte und sozialer Kompetenzen wie Respekt, Toleranz und einem guten Miteinander stehen dabei im Vordergrund. Die Teilnahme am evangelischen Religionsunterricht mit Pfarrer Ulrich Krause ist für alle Schüler verpflichtend. Für die Schulleitung ist die erfahrene Lehrerin Anja Sporer-Kokocinski vorgesehen, die als Pädagogin aktuell noch in der Carolinenschule tätig ist. Mit weiteren Lehrkräften wird der Fachunterricht und die Klassenleitung geplant. Auch Erzieher werden zur Betreuung der Kinder tätig sein, unter anderem im Früh- und Späthortangebot. Neben der wichtigen Umsetzung des Thüringer Bildungs- und Grundschullehrplans wird die Vermittlung von ökologischem Wissen gefördert, was sich auch durch die umliegende Natur anbietet. Schon ab der 1. Klasse wird auch Englisch vermittelt. Näheres können interessierte Eltern im Rahmen eines Info- Nachmittages am 12. März, um 17 Uhr, in der Aula der Carolinenschule erfahren, wozu der Diakonieverein herzlich einlädt.

Die Meinung dazu vom Thüringer Bildungsminister:


„Die Diakonie Greiz ist ein jahrzehntelanger erfahrener Schulträger. Ich stehe der beabsichtigten Gründung einer Grundschule deshalb grundsätzlich positiv gegenüber, auch wenn noch einige gesetzliche Vorgaben zwischen den Beteiligten zu klären sind“, erklärte Christian Tischner (CDU).

Aus der Geschichte des Obergrochlitzer Schulwesens

Am 26.September 1895 konnte ein Obergrochlitzer Schulhaus eingeweiht werden, das vom ortsansässigen Baumeister Ernst Schrenner aus roten Zwickauer Klinkern als typisches Gebäude eines ländlichen Ortes jener Zeit errichtet wurde. Erster Lehrer war Max Grad aus Caselwitz. Schon vier Jahre später erfolgte die bauliche Erweiterung auf zwei Klassen, da die Schülerzahl weit über 100 angestiegen war. Die Obergrochlitzer Schule wurde am 1. Oktober 1948 zur Zentralschule erklärt und erhielt schon ein Jahr später zwei weitere Unterrichtsräume durch den Umbau der Lehrerwohnungen. Im Jahr 1972 wurde aufgrund der Einführung der zehnklassigen polytechnischen Oberschule in der DDR ein Anbau an das „Rote Haus“ erforderlich, so dass auf elf Unterrichtsräume aufgestockt werden konnte und im Jahr 1974/75 die Schule den Namen „Bertolt Brecht“ erhielt.
Im Zuge der gesellschaftlichen Wende 1989 wurde das gesamte Schulsystem nach bundesdeutschen Regeln völlig umgestaltet. So wurden im Rahmen der Bertolt-Brecht-Grundschule die Klassen eins bis vier unterrichtet, während der Anbau von 1972 die „Carolinenschule“ in Trägerschaft der Diakonie beherbergt, in der bis heute Kinder mit besonderem Förderungsbedarf unterrichtet werden.

Schließung der staatlichen Grundschule

Im Jahr 2017 wurde die staatliche Grundschule trotz großer Proteste der Eltern der Schüler, Obergrochlitzer Einwohner und des Ortsteilrates mit der Begründung des Lehrermangels und dem angeblichen baulichen Verfall des „Roten Schulgebäudes“, der angeblich eine Sanierung unmöglich mache, geschlossen.
Die Lehrerin Marlies Treuter übernahm unmittelbar nach der Wende als Leiterin die Staatliche Grundschule Bertolt Brecht: „Ich erinnere mich gern an die vielen Jahre in Obergrochlitz. Wir waren ein gutes Lehrerkollektiv und unsere Schüler haben auch viele gemeinsame Initiativen mit den Carolinenschülern gelebt. Dazu gehörten unzählige Veranstaltungen, die Kinder haben beispielsweise zusammen Drachen im Werkunterricht gebaut. Die Schuleinführungen wurden ebenfalls gemeinsam organisiert, und tägliche Begegnungen der Schüler gab’s sowieso während der Hofpausen“, erinnert sich die Seniorin noch genau. Im Zeitraum der Schulschließung war Sabine Noack die Schulleiterin.

(Fakten-Quelle: Festschrift Obergrochlitz von 1999. Autor Sven Klein)

Text/Foto: Christian Freund